Ohne viele Worte laufen wir die von Bäumen gesäumte Strecke entlang, die deutlich als ehemalige Gleisanlage zu erkennen ist. Von grünen Blättern tropft der Regen, die Luft ist schwül und wird durch jeden Schritt erdrückender. Nicht zuletzt wegen dem Ziel der Trasse. Tatsächlich lassen sich jetzt auch richtige Schienen erkennen—zerstückelt, aber voller Geschichte. Metallschienen, die unschuldigen Menschen den Weg in die Hölle auf dem Ettersberg ebneten.
Die ersten Schritte auf dem Asphalt sind komisch. Man erkennt über den Hügel Umrisse einzelner Gebäude und die des Eingangstores zum ehemaligen Häftlingslager. Der Untergrund wird zu Schotter und schließt man die Augen, könnte man sich fast vorstellen, selber im Gleichschritt über das Gelände zu laufen. Allerdings in vernünftiger Kleidung, mit gefülltem Bauch und mit dem sicheren Gewissen, diesen Ort bei Belieben eigenständig und unverletzt wieder verlassen zu können.
Die Tour über das Gelände bringt immer weitere dunkle Geheimnisse ans Licht. Der Bunker, in dem Sommer dem Winter gleich war oder das Krematorium. Ein Platz, der mir innerhalb von Sekunden Tränen in dir Augen trieb—Warum? der einzige Gedanke in meinem Kopf.
Die kurierte Ausstellung wieder verlassen, die genauere Einblicke in das tägliche (Über)leben und historische Kontexte bietet, spürt man im Gesicht einen Wind, der fast schon friedvoll daher weht. Es ist eine Stimmung, die widersprüchlicher nicht sein könnte. In wenigen Momenten in meinem Leben habe ich mich je so lebendig und frei gefühlt.
Jetzt Blickt man als 5 Jahrzehnte auf diesen Ort, über den zwischenzeitlich Gras, mittlerweile auch Bäume gewachsen sind. Dennoch wird vieles getan, um die unmenschlichen Verbrechen und ideologische, perverse Willkür aufzuklären und ihnen Raum für Erinnerung zu geben. Wichtige Schritte zur Aufarbeitung einer erschreckenden Geschichte.
Geschichte, die sich nicht wiederholen darf und uns eine Verantwortung in die Hände legt, genau dafür auch zu sorgen.