Start 23. Januar, 2023

Untitled

Die Wintersonne ist längst untergegangen. Eine letzte Umarmung und noch eine und… eine noch. Dann ein letzter Kuss. Ich schleiche fast in den Zug, so sehr hältst du mich innerlich zurück. Seit drei Stunden klopft mein Herz wie wild und wird es auch die nächste noch tun. Unbeschreibliche Magie.

Jedes Berühren unserer Lippen bringt die Welt kurz zum Stillstand und alles andere wird unwichtiger, mit jeder Sekunde – selbst die beißende Kälte, die uns beide zum Zittern bringt. Im Warmen nehmen wir die anderen Menschen gar nicht wahr. Alles verschwimmt in und außerhalb deinen Augen, in denen sich zu verlieren wie warmes Wasser anfühlt, das einem in der Dusche die Wirbelsäule herunter läuft.

Und doch wäre Duschen das Letzte, was ich in diesem Moment hätte tun wollen, weil ich so jede Berührung von meiner Haut waschen müsste. Viel lieber spüre ich den leichten Druck deiner Hand auf meinem Knie, aber irgendwie sind es weder deine Hand noch mein Knie – alles ist eins geworden. Platonisch verbunden verschlingen wir uns ineinander. Dann lösen wir uns etwas und schauen uns an.

Ich bin überwältig, jedes Mal, wenn ich womöglich alle existierenden Blautöne in deinen Augen sehe.

Bevor ich gänzlich in meiner Trance gefangen bin, spüre ich deinen Atem in meinem Gesicht – eine Mischung aus Pfirsich und endloser Hingabe. Langsam kommst du näher und schließlich ist auch für ein Blatt Papier zwischen uns kein Platz mehr. Ganz langsam und vorsichtig, als könnte eine ruckartige Bewegung diesen ganzen Moment zerstören, berühren sich unsere Lippen wieder.

Wir bewegen uns in einer Tiefe, durch die wir höher nicht fliegen könnten. Sanft streichle ich dir durch die braunen Haare und meine Gedanken kreisen wie meine Finger – was, wenn das der Höhepunkt meines Lebens ist? Wenn es nie wieder einen schöneren Moment gibt? Fühlst du all das auch? Bist du genau so verloren und möchtest trotzdem nicht gefunden werden?

Ich will dir Vertrauen geben, durch das nie wieder jemand dir schaden kann. Dich beschützen vor unreinen Absichten und einen roten Teppich ausrollen, damit die ganze Welt deine Größe erkennt. Wenn du deine Augen schließt, ruh sie aus, du kannst durch meine sehen.


Ein Zwinkern – du lachst, ich lache. Und weißt du was? Es ist ganz egal, was aus uns wird, was das hier war. Noch lange werde ich an diesen Moment denken, der mich daran erinnerte, was es wirklich heißt, am Leben zu sein.

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